Herbstausflug 2024 – Ein Besuch in der Lombardei

Wenn der KV früh im Jahr das Ziel des nächsten Herbstausflugs verkündet, dann spricht sich dies herum wie ein Lauffeuer und die Reise ist bald ausgebucht. Die von Toni Michels, Vorsitzen­der des KV, und seiner Stellvertreterin Katharina Hell geführten Reisen sind weit über die Gren­zen Heilbronns bekannt und so meldeten sich 103 Banater und Siebenbürger Landsleute aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz zum diesjährigen Herbstausflug in die Lombardei an.

Gestartet sind wir mit zwei Bussen des Reisebüros Müller Reisen in Massenbachhausen am Tag der Deutschen Einheit um 6:30 Uhr. Weitere Reisewillige stiegen in Nordheim, Böckingen, Heil­bronn und am Parkplatz Hagegarten an der A81 zu. Was für ein Hallo beim Wiedersehen! Die vielen Wiederholungstäter begrüßten sich sehr herzlich. Man kennt sich! Und wenn nicht, wird man sich bis zum Ende der Reise kennengelernt haben.

Den ersten Zwischenstopp an einer Raststätte kurz nach 8 Uhr nutzten wir (neben dem ewigen Schlangestehen mit einem Euro in der Hand bei Sanifair) für ein kleines Frühstück mit frischge­brühtem Kaffee, den unsere Busfahrer bereitgestellt haben. Das Wetter war trüb und mit 11 Grad ziemlich kühl, doch da war Ricky, einer der Busfahrer, noch optimistisch und meinte, dass sich das wahre Wetter erst nach dem Gotthard-Tunell offenbaren werde.

Die Reise verlief durch Deutschland wegen des Feiertags reibungslos, doch in der Schweiz und in Italien stellte uns der zähfließende Verkehr auf die Probe. Die Fahrt durch den 17 km langen Gotthard-Tunnel, der viertlängste Straßentunnel der Welt und der längste in den Alpen, zog sich, Stoßstange an Stoßstange kriechend, endlos hin. Doch der Gedanke an das anstehende Mittag­essen, für welches unsere beiden Busfahrer sorgten, ließ uns in froher Erwartung geduldig blei­ben. Ricky und Kristaps wählten für den Aufbau ihres exzellenten Büffets das „idyllische“ Plätz­chen zwischen den Bussen. Es war eine echte Stehparty mit lauter leckeren Sachen. Alle waren mit dem Angebot mehr als zufrieden.

Abends gegen halb acht, nach langen 13 Stunden, erreichten wir schließlich unser Hotel in Verdellino. Wir waren spät dran, man erwartete uns bereits. Deshalb gab Toni die Order aus, nicht auszupacken, sich nicht umzuziehen, sondern gleich zum Essen kommen. Der Hunger trieb uns eh umher und so hatten wir schnell unsere Zimmer bezogen und diszipliniert wie wir Schwowe sind, saßen wir eine halbe Stunde später an den Tischen und ließen uns das Drei-Gänge-Menü schmecken.

Wir aßen dann auch ziemlich zackig, um danach mit dem vergnüglichen Teil des Abends fortzu­fahren. Alle waren gespannt auf die Musik des neu gebildeten Sextetts (es werden jedes Jahr mehr Musikanten), das uns mit stimmungsvoller Musik den Abend verschönte. Johann (Hasi) Sterb­ling am Akkordeon, Helmuth Paul am Flügelhorn, Josef Hartmann und Johann Gunesch an den Trompeten, Wilfried Bernath an der Klarinette und Hans Bruss am Bariton sorgten mit flotter Musik dafür, dass auch die, welche nach der anstrengen Anreise müde waren, wieder munter wurden. Es wurde gesungen, getanzt und gelacht, man hatte sich viel zu erzählen und so war es bereits nach Mitternacht, als die letzten auf ihre Zimmer gingen.

Am Freitagmorgen, gleich nach dem Frühstück, fuhren wir nach Bergamo, eine wunderschöne Stadt am Fuß der Alpen und an der Grenze zur Po-Ebene. Die Stadt steht auf sieben Hügeln, genau wie Rom. Aufgrund des Reichtums an historischen Gebäuden und ihrer zeitlosen Schön­heit, die in keinem der Kriege Zerstörung erfuhren, war Bergamo gemeinsam mit Brescia Italiens Kulturhauptstadt des Jahres 2023. Ihre mittelalterliche Altstadt (Oberstadt), die man von der Un­terstadt mit einer über hundert Jahre alten Standseilbahn – Funicolare – erreicht, ist noch immer vollständig von Mauern umgeben. Sie sind etwa fünf Kilometer lang, bis 35 Meter hoch und über 20 Meter breit.

Bergamo ist eine Kunst- und Kulturstadt. Gaetano Donizetti, ein berühmter italienischer Kompo­nist, der neben erfolgreichen Opern auch Geistliche Musik und Instrumentalmusik schuf, wurde hier 1848 geboren. In der Unterstadt ist eine Gemäldesammlung mit Werken von Botticelli, Rubens, Raffael und wei­teren großen Künstlern zu bestaunen.

Bekannt ist Bergamo auch für seine Polenta. Von der Köstlichkeit Polenta es Osei (Polenta mit Vogel) haben sich einige von uns selbst überzeugt. Die Nachspeise ist nicht nur eine süße Le­ckerei, sondern auch eine Erinnerung an das kulturelle und gastronomische Erbe der Lombardei.

Die nächste Station unserer heutigen Tour war eine „Kreuzfahrt“ mit dem Motorboot auf einem wunderschönen See am Alpenrand – dem Iseosee. Er ist der siebtgrößte See Italiens, ist 25 km lang und bis zu 260 Meter tief. Weltbekannt wurde der Iseosee durch das im Jahr 2016 vom Künstler Christo inmitten des Sees errichtete Kunstwerk The Floating Piers. Das waren begeh­bare, mit dahliengelbem Stoff bespannte schwimmende Stege, welche die Menschen in die Mög­lichkeit versetzen sollten, über Wasser zu laufen.

Zurück im Hotel und nach dem guten Abendessen griffen unsere Musikanten erneut zu ihren Instrumenten. Mit schwungvoller Musik, bestem Gesang und guter Laune ging es weiter und ste­tig stieg die Stimmung. Es war schon erstaunlich, dass immer, wenn ein Name weiblichen Ge­schlechts im Spiel war (Anna, Anneliese, Susi oder Resi) es viele Männer nicht mehr auf ihren Stühlen hielt, und sie führten ihre Partnerinnen aufs Tanzparkett und zeppelten, dass die Schuh­sohlen nur so glühten. Keine Spur von Arthrose oder Rheuma nach dem Motto „Wenn ich zum Tanze geh‘, tut mir mein Fuß nicht weh“.

Apropos glühende Sohlen: Susi Bako musste schuhelos auf den Strümpfen tanzen, denn sie hatte nur ein Paar dabei, die aber waren vom Regen in Bergamo nass. Zum Glück fand Toni in irgendeinem Winkel des Hotels ein Paar neue Damenschuhe der Marke Valentino. Diese wa­ren bei den Damen sehr begehrt, denn sie waren von der Größe „Universal“ und hätten jederfrau gepasst. Um jedoch niemanden zu bevorzugen, entschied Toni, die Schuhe zu versteigern. Susis Mann kannte das Dilemma seiner Frau und bot auf Teufel-komm-raus mit, bis der Auktionator die Versteigerung zum Preis einer Flasche Likör, der hier und sofort getrunken werden musste, be­endete. So einen edlen Mann kann man sich als Frau nur wünschen!

Die Stimmung war fantastisch und fand ihren Höhepunkt mit Josef Hartmanns Auftritt mit dem Lied „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“. Josef hatte die Lacher auf seiner Seite. Auch seine Zugabe mit kräftiger Unterstützung des immer besser und lauter singenden Reise-Chores war ein Volltreffer und wurde mit Standing Ovations belohnt.

Als neutrale Beobachterinnen war uns aufgefallen, dass das schwache Geschlecht beim Singen sehr textsicher war, während die Herren der Schöpfung sich oft auf das „La, la, la“ beschränkten. Andersrum muss aber auch gesagt werden, dass die Herren schneller von Begriff waren als die Damen, denn sie verstanden Hasis Ansage „in Es-Dur“ auf Anhieb, ohne groß nachdenken zu müssen. Schließlich sind die meisten von ihnen bekanntlich große Esser (Autsch!).

Zwischen 23 und 24 Uhr verzogen sich die meisten auf ihre Zimmer, nur im dritten Stock wurde deutlich hörbar weitergefeiert. Die tapferen Hotelgäste untendrunter ließen es leidvoll über sich ergehen und beschwerten sich nicht, schickten aber ein Stoßgebet zum lieben Gott und baten um Gnade und Einsicht auf ein baldiges Ende der Party. Und so kam es zum Glück dann auch.

Am Samstag fuhren wir nach dem Frühstück nach Mailand, die Hauptstadt der Lombardei. Mit unseren zwei Reiseführerinnen Vera und Valeria machten wir zunächst eine Busrundfahrt, da­nach einen Stadtrundgang zu Fuß. Vera peitschte uns im Eiltempo dermaßen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, dass ihr nicht alle in der Gruppe folgen konnten. Wir mussten uns durch unglaubliche Menschenmassen durchschlingen und es war für einige von uns schier unmöglich, mit ihr Schritt zu halten.

In Mailand, dem Zentrum für Mode und Design, gibt es wahnsinnig viel zu sehen z. B. das be­rühmte Opernhaus La Scala, „Das letzte Abendmahl“ eines der bekanntesten Werke Leonardo da Vincis, das auf der Nordwand des Speisesaals der Kirche Santa Maria delle Grazie zu bewun­dern ist, das Castello Sforzesco, die Burg der Dynastie Sforza oder das Einkaufszentrum Galeria Vittorio Emanuele II.

Der Mailänder Dom ist phantastisch schön. Man hat an nichts gespart und sich mit der Fertigstel­lung richtig viel Zeit gelassen. Der Baubeginn war 1386 und die Fertigstellung rund 600 (sechs­hundert) Jahre später im Jahr 1965. Die Kathedrale gilt flächenmäßig als drittgrößte Kirche der Welt. Leider war es uns nicht vergönnt, den Dom von innen zu besichtigen. Die Warteschlange war geschätzte 100 m lang und die Wartezeit betrug etwa drei Stunden. Umso mehr nutzten wir die Zeit für ein Gruppenfoto vor dem Dom und um die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Eine Wahnsinnsstadt! In der irrsinnig großen Einkaufsgalerie mit Hunderten Boutiquen internationaler Modeketten flanierten Tausende Menschen. Geld auszugeben, wäre hier nicht das Problem ge­wesen. Als etliche Männer aber in den Augen ihrer Frauen das Funkeln bemerkten, griffen sie schnell nach deren Kreditkarte und gaben sie erst wieder im Bus zurück. Sicher ist sicher!

Der Abend begann pünktlich um 19 Uhr mit einem Candle-Light-Dinner. Die Tische waren festlich gedeckt und man servierte uns ein 4-Gänge-Menü mit italienischen Spezialitäten. Danach lud unser Herbstausflug-Sextett mit zunächst Langsamen Walzer und Tangos zum Tanzen ein. Die Stücke wurden dynamischer, die Stimmung beschwingter und irgendwann packte sogar die Ser­vicekräfte Nadia, Omar und Rafaele die Tanzeslust. Kurz nach 23 Uhr gingen wir auf unsere Zimmer, denn am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen. Bereits um 6:30 Uhr mussten wir bei den Busfahrern die Koffer abgeben, ab sieben Uhr frühstü­cken, auschecken, um acht war Abfahrt.

Auch auf der Heimfahrt kredenzten uns die Busfahrer ein Mittagsbuffet. Während wir uns das Essen schmecken ließen, spielte Johann Gunesch flotte Lieder auf seiner Steirischen Knopf­harmonika auf. Die Rastpause wurde auch zur Kommunikation über alle möglichen und unmög­lichen Themen genutzt, aber auch um dem Geburtstagskind Lotte Balthasar ein Ständchen dar­zubringen. Dabei erfuhren wir, dass sie mit ihrem Peter den 45. Hochzeitstag feiert. Für unseren Akkordeonisten Hasi war es Ehrensache, dass er zum Hochzeitstagtanz einen Walzer aufspielte.

Die letzte Busetappe bis nach Heilbronn wurde unter Hasis Akkordeonklängen zum Singen ge­nutzt. Dabei bewies er in dem wackligen Bus hohe Standfestigkeit. Respekt! Die Lieder waren knackig-zackig, und irgendwann schmetterte sogar Busfahrer Ricky bei voller Fahrt das Lied „Oh My Darling, Clementine“ ins Mikro.

Schließlich trafen wir nach einer 12-stündigen Busfahrt am Abend in Massenbachhausen wieder ein. Eine interessante Reise mit tollem Programm und Freizeitspaß ging zu Ende, nicht jedoch bevor der Vorstandschaft für die tolle Organisation und den reibungslosen Ablauf, den Musikan­ten für die stimmungsvolle Unterhaltung, den Teilnehmern für das harmonische, fröhliche Mitei­nander und den Busfahrern für den sicheren Transport gedankt wurde.

Die Prophezeiung unseres Busfahrers (mit amerikanischem Akzent) zu Beginn unserer Reise, dass die Sonne so intensiv scheinen werde, dass wir bei unserer Rückkehr farblich wie seine Geschwister aussehen würden, erfüllte sich leider nicht. Dafür war das Wetter zu unbeständig.

Ende gut, alles gut? Nicht ganz! Nach vier schönen Tagen in geselliger Runde stellte man fest, dass die Zeit bei weitem nicht gereicht hat, um sich auszuquatschen. Und eine Kofferverwechs­lung gab es auch noch: In Massenbachhausen wartete ein Pärchen auf seinen schwarzen Koffer. Vergeblich, denn dieser war mit einem vorher ausgestiegenen Reisegast längst über alle Berge, aber ein herrenloser Koffer stand einsam und verlassen auf dem Asphalt und niemand wollte ihn haben. Was für ein Drama!

Wir erlebten vier tolle Tage voller Kommunikation, Harmonie und Fröhlichkeit. Mehr und mehr wird klar, dass so eine Reise die Zusammengehörigkeit, die mit zunehmendem Alter immer mehr an Bedeutung zu gewinnen scheint, fördert. Deshalb sehen wir dem Herbstausflug im kommenden Jahr voller Erwartungen entgegen.

Gerda Sehler & Gerlinde Bernath