Genusswandern in der Pfalz

Was hat es wohl auf sich, wenn an einem Wochenende bei mehr als 40 Personen das gleiche Foto im WhatsApp-Status steht? Klare Sache: Sie haben eine gemeinsame Aktion vor. Oder falls einige dieser Personen selbst nicht dabei sein können, möchten sie durch dieses gleiche Foto anderen Mitgliedern aus dieser Gruppe zumindest eine freudige Anteilnahme an der Unternehmung signalisieren. So geschehen zum Wanderwochenende des Kreisverbandes Heilbronn am 8. Juli 2017.

Als der Bus am Samstag frühmorgens startete, wurden die 33 Reisenden an der Bushaltestelle in Böckingen angenehm überrascht. Wilhelmine Fuss konnte bei der Wanderung zwar nicht dabei sein, hat aber für die Teilnehmer einen frisch gepflückten Kornblumenstrauß gebunden und belegte Baguette-Schnitte vorbereitet. Das war eine sehr nette Aufmerksamkeit, die bei den Wanderer gut ankam und mit einem Ständchen honoriert wurde.

Nach einer kurzweiligen Fahrt über die Landstraßen sind wir gutgelaunt und frühzeitig an unserem Hotel in Gleiszellen-Gleishorbach angekommen, so dass jeder noch die Möglichkeit zu einer kleinen Stärkung hatte, bevor wir nach der Begrüßung von Wanderführer Horst Mehlich zu der Wanderung „Rund um Gleiszellen“ starteten.

Unser Wanderführer hatte uns viel von seiner Heimat zu erzählen. Die Pfälzer bilden eine homogene und eigenwillige Volksgruppe, die sich einerseits durch ihre sympathische Mundart auszeichnet, andererseits kennzeichnet sie ihre außerordentliche Gastfreundlichkeit und ihre durch die jahrhundertelangen Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland geprägte Heimatliebe.

Den ersten Halt machten wir am alten Steinbruch von Gleiszellen wo wir von unserem Reiseleiter erfuhren, dass die Steine, die hier gehauen wurden auch am Stuttgarter Bahnhof verbaut sind. Die Region ist voller kultureller Meilensteine, angefangen von den Spuren der keltischen Fliehburgen, des römischen Weinbaus, über die zahllosen Relikte der Karolinger, Salier und Staufer, später der Wittelsbacher, bis hin zu den impressionistischen Künstlern.

Die Sonne stand hoch am Himmel, als wir weiter auf einem Teil vom Pfälzer Weinsteig durch Hoffmann’s Kiefernwald wanderten. Eine willkommene Trinkpause bot sich Am Seicheneck an. Spätestens hier merkten wir, wie nahe verwandt der Pfälzer und der Banater Dialekt doch sind. Jeder unter uns wusste um die Bedeutung des Wortes und niemand musste lange erklären, warum dieses Eck so hieß.

Am Karlsplatz war der nächste Rast, bevor wir weiter zur Kapeller Schneise wanderten. Auf unserem Weg kommen wir auch am Bismarkturm vorbei, den einige unter uns unbedingt besteigen mussten. Die 154 Treppen hochzugehen wurde durch einen herrlichen Weitblick belohnt. Von unserem Wanderführer erfuhren wir, dass die Vorderpfalz wegen ihrer Schönheit und Vielfalt auch „Garten Eden“ benannt wird.

Wir verließen den Wald und hielten am Kloster Liebfrauenberg, welches idyllisch auf der Kuppe des Liebfrauenberges, nordwestlich von Bad Bergzabern liegt. Nachdem wir einiges über das Kloster erfahren haben, wanderten wir in die Kurstadt ein. Ohne Halt an der Villa Zick-Zack und der Therme vorbei, denn jeder hatte Durst und wollte sich kurz setzen, um sich von der teils anstrengenden Wegen ein wenig zu erholen.

Das staatlich anerkannte Heilbad Bergzabern ist als größte Stadt zwischen dem nördlichen Landau und dem französischen Wissembourg das Herzstück des südlichen Teils der Weinstraße. Hier beginnt einer der wichtigsten Reisewege in den Wasgau. Das kulturelle und geschäftliche Leben pulsiert in der Kleinstadt mit dem charmanten Altstadtkern, von dem wir aber nur wenig mitbekamen.

Unsere Mittagspause machen wir im Restaurant Zwoggel „Zwoggel“ ist ein pfälzischer Neckname für die Bayern Das  alte Bahnhoflokal in Bad Bergzabern mit seinen ansprechenden Räumen und dem schönen Freisitz bietet das optimale Ambiente für das kulinarische Angebot. Harmonisch ergänzt sich hier die Geschichte mit der Ess- und Trinkkultur. Die Wartezeit für die Speisen war angenehm kurz, weil wir ja unsere Bestellung schon im Voraus durchgegeben hatten. Aber die meisten unter uns hatten Durst. Der Sommer zeigte sich an diesem Wochenende von seiner schönsten Seite und verwöhnte uns mit Sonne.

Auf mehrfachen Wunsch ließen wir uns von unserm Busfahrer nach dem Mittagessen abholen und tauschten den zweiten Teil der Wanderung gegen eine Weinprobe ein. Die Gemeinde Gleiszellen-Gleishorbach zählte schon früh zu den besonderen Weinorten am oberen Haardtgebirge. Doch ohne die Begriffe „Deutsche Weinstraße“ und später „Südliche Weinstraße“, die nach dem Krieg viele Touristen angelockt haben, wäre sicher aus dem kleinen Winzerdorf Gleiszellen-Gleishorbach nicht ein Feriendorf mit über 30.000 Übernachtungen jährlich geworden.

Außerdem haben diese Bezeichnungen auch dazu beigetragen, den Muskateller als „Marke“ der Gemeinde zu etablieren. Dazu gehörten natürlich die weißen, roten und schwarzen Muskatellersorten und vor allem weiße und rote Gutedel, sowie Portugieser, Malvasier, Österreicher (Silvaner), Ruländer, Traminer und Elbling. Die sich uns gebotene Gelegenheit im Ort wollten wir dann auch optimal nutzen.

Auf dem Weingut Wissing, welches in der Nähe unseres Hotels war, konnten wir in fröhlicher Runde fünf verschiedene Muskateller Weine probieren. Zwischen den Proben erfahren wir vom Seniorchef Wertvolles und Geschichtliches über den Wein. Aber auch, dass aus einer traditionellen Pfälzer Weinbaugemeinde wie Gleiszellen-Gleishorbach, auch mehrere Weinprinzessinnen hervorkamen.

Bei der Einordnung der letzten 100 Jahre Weinbauentwicklung in die über 2000 Jahre Weingeschichte kann man sagen, dass nie in der Vergangenheit so umfassende Veränderungen in einer so kurzen Zeitspanne erfolgten. Aus einem Berufszweig mit überwiegender Handarbeit ist ein technisch hochentwickelter Beruf geworden. Aber am Ende steht immer noch, der von der Witterung, dem Winzer, der Rebsorte und dem Standort geprägte Wein.

Untergebracht waren wir im Hotel Südpfalz-Terrassen welches ruhig am Ortsrand, inmitten eines Rebenmeers mit herrlichem Blick in die Rheinebene lag. Nach einem leckeren vier-Gänge-Menü gab es noch Gitarrenmusik mit Walter Berberich, zu der gesungen und getanzt wurde. Der fröhliche Abend endete erst nach Mitternacht.

Am Sonntagmorgen mussten wir früh raus, denn um 9 Uhr starteten wir schon unsere Wanderung. Angeführt von Herrn Armin Klein wanderten wir hoch über Wernersberg. Es wurde uns eine sehr aussichtsreiche Wanderung durch den Naturpark Pfälzerwald versprochen. Während wir zum Geierstein gingen wurde uns auch erklärt, warum dieser geschichtsträchtige Name zusammenhängend geschrieben werden muss.

Wir wanderten durch einen Schatten spendenden Kastanienwald mit imposanten Sandsteinfelsen. Es gab Aussichten und Fernblicke, die man so schnell nicht wieder vergisst. Die Stimmung war super und beim Wandern wurden immer wieder Lieder angestimmt, die beschwingt mitgesungen wurden. Herr Klein war sehr beeindruckt von unserer fröhlichen Gruppe.

Unser Mittagessen nahmen wir in der Pizzeria d’Angelo in Annweiler ein. Danach fuhren wir zur Besichtigung der Burg Trifels, die über dem Städtchen Annweiler thront. Wie keine andere Burg wird der Trifels gleichgesetzt mit der Blüte des Hochmittelalters in der Zeit der Stauferkaiser.

Im Mittelalter, unter der Herrschaft der Stauferkaiser, wurde die Burg Trifels zur Reichsburg ausgebaut. Als Aufbewahrungsort der Reichskleinodien (Kaiserkrone, Kreuz, Reichsapfel und Schwert) erlangte sie große Bedeutung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Berühmtheit erlangte die Burg Trifels auch durch die Inhaftierung des englischen Königs Richard Löwenherz 1193/94.

Ein Wochenende geprägt von vielen Eindrücken, Erlebnissen und Wohlbehagen ging viel zu schnell vorbei. Wein, Wald und Burgen sind das Charakteristische der von uns bewanderten und besichtigten Kulturlandschaft. All das Beschriebene stand im Zentrum unseres Ausfluges und erfüllte einzigartig das angesagte Motto „Genusswandern“

Es hat sich aber auch wieder gezeigt, dass den Teilnehmer das Miteinander und Zusammensein sehr wichtig ist. Ohne einen stimmungsvollen Abend, der den Ausflug zu einem richtigen Erlebnis werden lässt, wären die Reisen des Kreisverbandes Heilbronn nur halb so schön. Müde, aber sichtlich wohlgelaunt kamen wir in den frühen Abendstunden in Heilbronn an. Da es allen so gut gefallen hat, ist der nächste Ausflug schon geplant.

Katharina Zornik