In diesem Kapitel erzählt meine Urgroßmutter von amüsanten Schnapsbrennaktionen und ich konnte auch Erinnerungen an ihre eigene Großmutter aufzeichnen. Das wäre dann quasi meine Ur-Ur-Ur-Großmutter. Wow…. Katharina Frank erzählt von Begebenheiten und Wortwechseln aus ihrer Kindheit, die sie sich mit 91 Jahren immer noch merken konnte und die sie anscheinend auch lebensprägend beeinflusst haben. Sie erzählt wieder schön spielerisch und personenwechselnd, verändert die Stimme entsprechend der Personen und dergleichen. Sie konnte wirklich gut und bewegend erzählen. Im Text steht meine Uroma als fortlaufende Rednerin in normaler Schrift. Die Stellen, an denen sie die Kindheits-Situationen nacherzählt, sind gekennzeichnet mit (Klein Kathi) und (Oma der Oma) oder ähnlichen Hinweisen, wie in den Beiträgen bisher.
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Kapitel 2.5. – [ KINDHEIT ? ]
? Die Brennerei und Weisheiten von der Oma der Oma ?
(Katharina): Wir haben doch einen Weingarten gehabt und wir haben doch Wein gemacht. Und dann die Reben, da haben wir auch im Winter Schnaps gemacht. Mein Bruder, der war immer dabei, wenn der Schnaps. Da waren zwei Brennereien. Eine private und eine so eine Gesellschaft. Aber wir sind immer privat gegangen. Da hat mein Bruder dann immer dabei sein können und hat auch gesehen, wie das Ganze geht. Dann hat die Großmutter, meine Oma, immer gesagt:
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Weißt du, der Vorlauf, nicht der allererste Vorlauf, wenn der Schnaps anfängt zu laufen.
Sie hat mir immer eine Literflasche mitgegeben.
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Und dann lässt du das in die Flasche hier rein laufen. Und dann stopfst du sie zu und tust sie gleich in deine Tasche. Und wenn du heim kommst, dann bringst du sie gleich mit nach Hause.
Was meinst du? Weißt du, das war ihre Medizin. Da hat sie Pfefferminze rein getan, das ist in ein anderes größeres gekommen. Also Pfefferminz, Tee, Kamillentee, noch irgendwas, dreierlei Tee hat sie da drin angesetzt. Und ein jeden Tag ein Beutel. Sechs Wochen hat sie das machen müssen. Das hat sie dreimal täglich gemacht, immer morgens mittags und abends. Immer so geschüttelt. Na, das war ihre, wenn der Magen weh getan hat, dann hat sie so einen Schluck genommen. Aber das war ja so selten, aber dann war das wieder gut. Keine Tablette und nichts. Das war ihre Krankheit. Und weißt du, was sie noch gemacht hat? Sie hatte ja nicht in die Kirche gehen können. Jetzt hab ich sie mal gesehen im Hof stehen. Vielleicht hab ich dir das schon gesagt. Wie sie dann rein gekommen ist, dann sag ich, also wir haben „Große“ über sie gesagt. Nicht Oma.
(Klein Kathi): Na Oma, was hast du denn jetzt gemacht im Hof?
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Was werde ich gemacht haben? Ich war in der Kirche!
Hat sie gesagt!
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Ich hab Gott um Verzeihung gebeten, wenn ich ekelhaft war zu euch, wenn ich euch geschimpft hab, er soll mir verzeihen.
(Klein Kathi): Ach so ist das!
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Ja, und ich hab meine Sünden bereut!
Sagte sie!
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Ich kann doch nicht in die Kirche gehen! Dass das wieder weiter funktioniert!
Und weißt du, was die gemacht hat? Sie hat Wolle gesponnen! Auch Hanf. Für die Bauern. Und die haben ihr das ja gezahlt. Ich hab auch spinnen lernen wollen, aber sie hat mich nicht dran gelassen. Du hast auch das Spogat so schwer bekommen. Das war der Riemen.
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Und wenn der fällt, das wird fettig und dann muss ich schon wieder eine neue machen und der Bogen ist so schwer.
Den ganzen Tag hat sie oben so, also da waren Fenster, zwei Fenster. Das war so ein L-Haus. Und dort hat sie gesessen mit dem Spinnrad. Samstags, wenn wir zu Mittag gegessen haben, dann hat sie das Rad genommen und ist raus damit. Das hat sie dann in das andere Zimmer getragen. Als sie rein gekommen ist, da hab ich dann gesagt:
(Klein Kathi): Oma? Was ist denn jetzt, wo hast du das denn jetzt hingetragen?
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Schawes is! Heute fängt der Sonntag an!
Es war 12 Uhr, als wir gegessen haben. Samstags. Und montagmorgens ist sie aufgestanden. Die hat dann schon Frühstück gegessen gehabt. Dann ist sie ins andere Zimmer und dann hat sie das Spinnrad wieder gebracht.
(Großmutter meiner Urgroßmutter): So, jetzt geht der Alltag wieder los, die Arbeit.
Sagte sie.
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Genauso wie bei den Arbeitern. Nur Samstag mittags ist Schawes! Dann ist Schluss! Dann geht man nicht mehr arbeiten! Dann fängt der Sonntag an!
Siehst du, wie die Alten waren? Gell, interessant! Oftmals denk ich über das alles nach. Was da alles kommen kann und wie das alles früher war. Und manchmal rede ich mit der Oma. Und was ich da alles lese in der Zeitung. Männer schlachten ihre Kinder ab, ihre Frauen ab, Frauen schlachten ihre Kinder ab. Das ist nicht mehr menschlich. Das gehört nicht mehr zum Leben. Dass man so egoistisch ist. Da arbeitet doch der Teufel in Einem. Naja gut, also so bleibt dann das Ganze halt. Sie ist 96 Jahre alt geworden, und sieben Kinder hat sie gehabt. Nicht bei allen hatte sie ins Grab schauen können. Warte mal, die Gerta Tante war in Amerika und die Anna Tante. Der Franz Onkel, der war in Südamerika. Der Billeder Onkel, naja, der ist in Billed gestorben. Dort konnte sie ins Grab schauen. Meine Mutter ist gestorben, da hat sie auch ins Grab geschaut. Und dann hat sie noch ein Mädchen gehabt. Das war jung. Das ist jünger gestroben. Seffi hat die geheißen. Bei dem hat sie auch ins Grab geschaut. Und sie ist geblieben. Den Amerikanern hat sie ja nicht ins Grab schauen können. Die zwei Mädchen, Gerta und Anna, die sind als kleine Mädchen ausgewandert, als die Auswanderung angefangen hat und haben dort gleich Arbeit bekommen und haben sich auch verheiratet. Die Eine hat einen von England geheiratet und was weiß ich wen die andere geheiratet hat. Da sind doch alle Nationen zusammen gekommen. Und die haben dann auch da eine Familie gegründet. Die Eine ist mal auf Besuch gekommen mit ihrer einen Tochter. Das Mädchen, das war so, also ich war vielleicht um drei Jahre älter als sie. Was meinst du, als die die Hühner gesehen hat? Die war ganz außer sich! Immer auf den Steinen und drin und alles! Und jeh! Und dann hat sie nicht deutsch gekonnt, sie hat nur englisch geredet. Dann hat sie sich in die Mitte gesessen, und hier ich und hier meine Schwester. Dann haben wir immer gesagt:
(Klein Kathi): Jetzt sagst du: „Ich sitz in der Mitte.“
Na, das war dann sein Erstes. Zwei Monate sind sie geblieben. Und bis sie fort sind, dann hat sie schon deutsch reden können! Aber als sie gesehen hat, wir sind so schwowisch an und haben solche Röcke. Sie hat kein Kleid anziehen wollen. Von uns war alles zu groß. Dann sind sie einkaufen gegangen und die Schneiderin hatte für sie nähen müssen. Meine Tante war noch, die ist aber auch gefahren.
Meine Oma war sehr gottbittisch. Die hat aber nicht in die Kirche gehen können, weil ihre Zehen waren so, also der Knochen war hier draußen und die konnte keine Schuhe anziehen. Nur die, die sie sich gestrickt hat. Die ist raus in den Hof einmal, als Kind ist mir das so gekommen, und hat sich mitten in den Hof gestellt, die Hände hat sie so gehalten und hat dann geschaut. Als sie wieder rein gekommen ist, hab ich gesagt:
(Klein Kathi): Oma. Was hast du denn da jetzt im Hof gemacht?
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Was? Ich war in der Kirche!
(Klein Kathi): Aber das ist doch der Hof!
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Aber ich war in der Kirche! Ich hab Gott gebeten, weil ich euch misshandelt hab gestern.
Weißt du, sie hat uns groß gezogen. Meine Mutter war in der Arbeit, mein Vater war in Amerika.
(Großmutter meiner Urgroßmutter): Ich hab jetzt Gott gebeten, dass ich, also er soll mir das verzeihen, dass ich euch gedroschen hab und euch nicht gut behandelt hab. Ich kann nicht in die Kirche gehen, gell. Ich kann aber, ich hab aber meine Sünden bereut.
Das hat sie gesagt. So wie das eben ist. Na gut. Aber jetzt wusste ich es. Sie ist für das.
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